Das Wichtigste auf einen Blick:

Wer gesund ist, darf trotz Krankschreibung arbeiten.
Der Arbeitgeber muss seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Angestellten nachkommen.
Der Versicherungsschutz der Kranken- und Unfallversicherung gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit wieder aufnimmt.
Gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse besteht eine Meldepflicht.

Immer wieder gehen Arbeitnehmer trotz Krankschreibung arbeiten. Möglicherweise steht im Job ein wichtiger Termin an oder der Beschäftigte fühlt sich schon wieder gesund und möchte deshalb seiner Arbeit nachgehen. So einfach ist das jedoch nicht. In den folgenden Zeilen erklären wir dir, was du beachten musst, wenn du trotz Krankmeldung arbeiten möchtest.

Darf ich rechtlich gesehen arbeiten trotz Krankschreibung?

Grundsätzlich gilt: Wer gesund ist, darf arbeiten. Die weit verbreitete Annahme, dass krankgeschriebene Arbeitnehmer nicht arbeiten dürfen, trifft nicht zu – es ist sehr wohl erlaubt. Denn die Krankschreibung ist nicht gleichbedeutend mit einem Beschäftigungsverbot, wie es beispielsweise Schwangeren auferlegt wird.

Mit einer Krankschreibung beziehungsweise einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) belegt der Arzt, dass sein Patient zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund einer Erkrankung nicht arbeitsfähig ist. Er stellt zudem eine Prognose an, wie lange die Genesung dauern und die Arbeitsunfähigkeit anhalten wird.

Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer erhalten seit Januar 2023 eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Diese übermittelt der behandelnde Arzt an die Krankenkasse. Anschließend kann der Arbeitgeber digital auf die benötigten Daten der eAU zugreifen. Du musst also weder deiner Krankenkasse noch deinem Arbeitgeber ein Attest in Papierform zukommen lassen.

Eine Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer physischen oder psychischen Erkrankung seine berufliche Tätigkeit nicht mehr oder nur unter Verschlimmerung seines Zustandes ausführen kann. Der Erkrankte wird deshalb von seiner vertraglich festgelegten Arbeitspflicht entbunden.

Wenn der Krankgeschriebene schneller gesund wird, als der Arzt prognostiziert hat, kann er wieder arbeiten gehen. Er sollte sich aufgrund eines schlechten Gewissens gegenüber seinen Kollegen allerdings nicht zu einer vorzeitigen Arbeitsaufnahme verpflichtet oder gar gedrängt fühlen. Gerade bei ansteckenden Infektionen kann ein frühzeitiger Arbeitseinstieg schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Es kann daher sinnvoll sein, mit dem behandelnden Arzt Rücksprache zu halten.

Im Homeoffice arbeiten trotz Krankmeldung?

Egal, ob ein Arbeitnehmer im Betrieb oder daheim arbeitet: Tätigkeiten, die eine Genesung verhindern, sind zu vermeiden. Somit sollte der Beschäftigte auch im Homeoffice erst dann wieder an die Arbeit gehen, wenn er tatsächlich arbeitsfähig ist.

Wenn eine kleine Erkältung im Anmarsch ist, suchen wohl die wenigsten Beschäftigten direkt den Hausarzt auf. Oft ist das auch gar nicht notwendig, da du beispielsweise mit einem Schnupfen durchaus arbeitsfähig bist. Dann kann es allerdings sinnvoll sein, Tätigkeiten von zu Hause aus zu erledigen, um eine Ansteckung der Kollegen zu vermeiden. Auch mit einem gebrochenen Bein kannst du theoretisch Bürotätigkeiten daheim erledigen.

Kann der Chef eine „Gesundschreibung“ verlangen?

Eine „Gesundschreibung“ gibt es im deutschen Gesundheitswesen nicht. Rein rechtlich gesehen ist der Beschäftigte nicht verpflichtet, sich seine Genesung schriftlich bestätigen zu lassen. Oft verlangen Arbeitgeber dennoch ein offizielles Schreiben vom Arzt, denn sie haben Sorge zu tragen, dass der Erkrankte weder sich noch seine Kollegen gefährdet. In einigen Arbeitsverträgen wird deshalb eine entsprechende Klausel eingebaut.

Risiken, die das Arbeiten trotz Krankschreibung mit sich bringt

Wenn du zur trotz Krankschreibung arbeiten gehst und noch nicht wieder fit bist, ergeben sich unter anderem folgende Risiken:

Du könntest Kollegen anstecken.
Du erbringst nicht die Leistung, die du im gesunden Zustand abliefern würdest, und dir unterlaufen schneller Fehler.
Es könnte aufgrund deines Zustandes zu einem Arbeitsunfall kommen.
Kunden oder Geschäftspartner könnten deinen schlechten Zustand bemerken und negativ bewerten.

Deshalb muss der Arbeitgeber objektiv entscheiden, ob der Arbeitnehmer leistungsfähig ist. Wenn dies augenscheinlich nicht der Fall ist, sollte er den Krankgeschriebenen wieder nach Hause schicken. Ansonsten könnte er gegen seine Fürsorgepflicht gegenüber den übrigen Angestellten verstoßen und es mit rechtlichen Konsequenzen zu tun bekommen, etwa Schadenersatzleistungen.

Angestellte sind nicht dazu verpflichtet, ihren Chef über ihre Diagnose und ihren Genesungsverlauf aufzuklären. Das macht es für den Arbeitgeber mitunter schwierig, zu beurteilen, ob ein Arbeitnehmer tatsächlich wieder im Betrieb eingesetzt werden kann. Bei der Beurteilung des Gesundheitszustandes eines Mitarbeiters wird deshalb häufig ein Betriebsarzt hinzugezogen. Dieser unterliegt der Schweigepflicht, kann aber eine Beurteilung über die Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten abgeben.

Der Versicherungsschutz bleibt beim Arbeiten trotz Krankmeldung bestehen

„Wenn du trotz Krankschreibung arbeiten gehst, bist du nicht versichert“, lautet die vorherrschende, aber irrtümliche Meinung. Tatsächlich sind Angestellte, die trotz Krankschreibung arbeiten, sowohl kranken- als auch unfallversichert – auch, wenn es sich nur um eine kurze Arbeitsaufnahme handelt. Kommt es jedoch am Arbeitsplatz zu einem Unfall, der auf die Erkrankung des Krankgeschriebenen zurückzuführen ist, kann der Arbeitgeber rechtlich belangt werden. Das gilt beispielsweise, wenn ein Busfahrer mit gebrochenem Arm fährt oder ein Mitarbeiter, der wegen einer Gehirnerschütterung krankgeschrieben ist, stürzt, weil ihm schwindelig war.

Der Weg zur Arbeit ist ebenfalls versichert. Zur Vorsicht sollte der Beschäftigte seinen Vorgesetzten vor Antritt des Arbeitsweges über seine Rückkehr informieren, damit keine Unklarheiten über die Versicherung von Wegeunfällen entstehen. Allerdings muss der Arbeitnehmer selbst dafür sorgen, dass er seinen gesundheitlichen Zustand auf dem Arbeitsweg nicht gefährdet. Wer starke Medikamente nimmt, sollte beispielsweise nicht mit dem Auto fahren.

Weitere Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung können übrigens im fünften Sozialgesetzbuch nachgelesen werden. Über die gesetzliche Unfallversicherung kannst du dich zusätzlich im siebten Sozialgesetzbuch informieren.

Die Meldepflicht ist einzuhalten

Als Arbeitnehmer hast du nicht nur die Pflicht, deinem Arbeitgeber mitzuteilen, wenn du arbeitsunfähig bist, sondern auch, wenn du wieder arbeitsfähig bist. Wirst du wieder im Betrieb eingesetzt, muss der Arbeitgeber beziehungsweise der Personaler des Unternehmens dies der Krankenkasse melden, damit es nicht zu einer Überzahlung kommt.

Was ist eine Überzahlung?

Von einer Überzahlung wird gesprochen, wenn der krankgeschriebene Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber trotz Wiederaufnahme der Arbeit Zahlungen von der Krankenkasse erhält.

Wenn ein Arbeitnehmer erkrankt, zahlt ihm der Arbeitgeber sechs Wochen lang weiterhin sein Gehalt. Es handelt sich hierbei um die sogenannte Entgeltfortzahlung. Anschließend erhält der Beschäftigte Krankengeld von der Krankenkasse. Wenn er vor Ablauf der AU wieder an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt, muss er im Voraus erhaltenes Krankengeld anteilig zurückzahlen.

In kleinen Unternehmen kann es zu einer Überzahlung kommen, wenn sie – obwohl der Krankgeschriebene wieder beschäftigt wird – eine Ausgleichszahlung von der Krankenkasse erhalten. Diese soll nämlich eigentlich dafür sorgen, dass die Lohnfortzahlung bei ausbleibender Arbeitsleistung den Betrieb finanziell nicht zu sehr beeinträchtigt.

Arbeiten trotz Krankmeldung: Was, wenn sich mein Zustand verschlimmert?

Wenn der Krankgeschriebene bei der Arbeit merkt, dass er gesundheitlich noch nicht in der Lage ist, seine berufliche Tätigkeit auszuüben, kann er diese wieder einstellen. Die AU ist weiterhin gültig, sodass seine Arbeitsunfähigkeit nicht erneut bescheinigt werden muss. Die Entgeltfortzahlung wird fortgesetzt. Bekommt der Angestellte bereits Krankengeld, wird dieses entsprechend der erbrachten Arbeitsleistung gekürzt. Zu viel erhaltenes Geld muss er zurückzahlen.

Wird der Arbeitnehmer nach Ablauf der AU erneut wegen derselben Krankheit krankgeschrieben, erhält er eine Folgebescheinigung und die vorherige Krankenzeit wird angerechnet. Das heißt zum Beispiel, dass er noch eine Woche lang ein Recht auf Entgeltfortzahlung hat, wenn er diese zuvor bereits fünf Wochen lang bezogen hat.

Nicht zu früh wieder einsteigen

Gerade wenn es sich um eine psychische Erkrankung handelt, sind Arbeitgeber teilweise skeptisch, ob eine Krankschreibung tatsächlich notwendig ist. Dadurch fühlen sich Arbeitnehmer unter Umständen nicht ernst genommen und kehren früher in den Beruf zurück, als es sinnvoll wäre. Besonders bekannt und kompliziert ist das Thema Burnout. Denn es handelt sich hierbei häufig um eine vielschichtige Diagnose. Dennoch können Ärzte eine Krankschreibung ausstellen. Wenn ein Angestellter wegen des Burnout-Syndroms krankgeschrieben wird, ist von einer längeren Therapie auszugehen. Eine sinnvolle Ergänzung zur therapeutischen Behandlung oder auch zur Prävention kannst du außerdem die Möglichkeit des Downshiftings in deinem Job in Betracht ziehen.

Bei physischen Erkrankungen bekommen insbesondere Beschäftigte, die sich in ihrem Job viel bewegen oder schwere Lasten tragen müssen, Sorge um ihren Arbeitsplatz. Sie wollen schnellstmöglich wieder einsteigen, damit ihr Chef nicht den Eindruck bekommt, sie seien für die Ausübung ihrer Tätigkeit ungeeignet. Eine verfrühte Arbeitsaufnahme verschlimmert die körperliche Verfassung jedoch eher, was die Genesung beeinträchtigen und die gesundheitlichen Probleme sogar verschlimmern kann.

Wichtig: Der Arbeitgeber darf nicht verlangen, dass der Arbeitnehmer trotz Krankschreibung zur Arbeit kommt. Zudem ist der Angestellte nicht verpflichtet, seine Diagnose im Unternehmen mitzuteilen.

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