Das Wichtigste auf einen Blick:
Mental starke Personen genießen in vielen Lebensbereichen Vorteile. Sie erreichen Ziele, ob persönliche oder berufliche, eher als andere. Sie machen Karriere, wo andere scheitern, und gelten generell als erfolgreicher im Beruf. Kann man also die eigene mentale Stärke erhöhen? Kann man, denn es gibt durchaus eine wissenschaftliche Schnittmenge des eher schwammigen Begriffs mit anerkannten sozialpsychologischen Theorien – wenn auch keine einheitliche Definition. Und es gibt darauf aufbauende Techniken, mit denen sie sich verbessern lässt.
Mentale Stärke und Selbstwirksamkeit
Wenn von mentaler Stärke die Rede ist, fällt in der Regel der Begriff der Selbstwirksamkeit bzw. Selbstwirksamkeitserwartung, den der Psychologe Albert Bandura vor knapp 50 Jahren geprägt hat. Das ist zwar schon ziemlich lange her, aber noch heute werden seine Erkenntnisse herangezogen, die auf einer soliden Datengrundlage basieren und sich im Wesentlichen als wissenschaftlich haltbar erwiesen haben.
Vom Konzept der Selbstwirksamkeit aus betrachtet lässt sich mentale Stärke als die eigene Überzeugung beschreiben, eigenständig schwierige Aufgaben zu meistern und auch in heiklen Situationen stets den Überblick zu behalten.
Diese Überzeugung ist wiederum der Nährboden für Wesenszüge, die besonders im Berufsleben und im Bewerbungsverfahren von unschätzbarem Wert sind.
Mental starke Personen:
Mentale Stärke: so verbesserst du sie
Das Fundament für mentale Stärke wird in den ersten Monaten nach der Geburt gelegt. Durch das Beobachten erfolgreicher Bezugspersonen beispielsweise. Oder durch die Erkenntnis, dass eigene Handlungen mit ein wenig Anstrengung zu wünschenswerten Ergebnissen führen. Entgegen eines weitverbreiteten Irrglaubens ist Selbstwirksamkeit aber durchaus auch später erlern- und verbesserbar. Viele Profisportler zum Beispiel erhalten spezielle Trainings, um ihre mentale Stärke und somit ihre Leistung zu verbessern. Und auch Top-Manager lassen sich oft in dieser Hinsicht coachen. Zum Glück lässt sich aber auch ohne persönlichen Trainer schon viel erreichen, wenn man an den richtigen Stellschrauben dreht. Drei Dinge kannst du tun.
Was du tun kannst
Ziele und das Erreichen derselben sind enorm wichtig und für den Aufbau der eigenen mentalen Stärke das entscheidende Kriterium. Das gilt ganz besonders für die, die wir aus einem persönlichen Anrieb heraus zu erreichen versuchen – egal ob privat oder beruflich. Der Schlüssel sind Erfolgserlebnisse: Je öfter du deine Ziele aus eigener Kraft erreichst, desto stärker ist der positive Effekt auf deine mentale Stärke. Wie also vorgehen?
Kurzfristige Ziele sind besser als langfristige
Ein langfristig avisiertes Ziel, das du erst in vielen Jahren erreichen kannst, ist schlicht zu abstrakt, um einen positiven Einfluss auf deine aktuellen Handlungsweisen auszuüben. Das hat Bandura schon 1989 herausgefunden und das gilt auch heute noch. Also: Terminiere deine Ziele so, dass du sie in absehbarer Zeit erreichen kannst. Für langfristige Ziele solltest du Subziele definieren – also Meilensteine, die du auf dem Weg dahin erreichst.
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Konkrete Ziele sind besser als vage
Du brauchst Erfolgserlebnisse, um deine mentale Stärke zu festigen. Eine Extraportion Motivation kann da nicht schaden. Die setzt du frei, wenn du bei der Formulierung deiner Ziele möglichst deutlich wirst – klar ausdifferenzierte Ziele wirken im Gegenzug zu schwammig formulierten eher “handlungslenkend”, wie man in der Wissenschaft sagt.
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Gönn’ dir was
Deine Ziele verfolgst du energischer, wenn du sie mit Dingen verknüpfst, die du magst. Also: Lege noch bevor du dich an die Arbeit machst eine Belohnung für das Erreichen deines Ziels fest.
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Wichtig für den Aufbau mentaler Stärke über die Zielerreichung ist ferner, dass du den Balance-Akt meisterst, deine Ziele fordernd, aber nicht überfordernd zu formulieren. Das erfordert ein gesundes Maß an Ehrlichkeit gegenüber dir selbst und auch ein bisschen Übung. Sobald du dabei aber den Dreh raus hast, setzt sich in der Folge eine sehr befriedigende Aufwärtsspirale in Gang: Erfolge erhöhen deine Selbstwirksamkeitserwartung, die wiederum erhöht deine Leistung und damit deine Erfolgswahrscheinlichkeit und so weiter.
Selbstgeneriertes, ermutigendes Feedback wirkt Wunder und ist wirkungsvoller als Rückmeldungen von außen, also zum Beispiel Lob vom Vorgesetzten. Das mag esoterisch und viel zu einfach klingen, aber auch in dieser Hinsicht ist die Faktenlage in der Wissenschaft gut. Aufbauende Selbstgespräche können dir enorm dabei helfen, deine mentale Stärke zu erhöhen. Ein “gut gemacht” zu dir selbst, kann nach einer erfolgreich erledigten Aufgabe schon ausreichen.
Dummerweise funktioniert das nicht, ohne dass du vorher etwas dafür tust. Eine positive Rückmeldung muss immer ganz konkret an eine von dir erbrachte Leistung geknüpft sein. Geschieht das nicht, ist nicht nur das Eigenlob wirkungslos in Bezug auf deine Selbstwirksamkeit, sondern du entkräftest auch zukünftige Feedbacks.
So eine Rückmeldung musst du dabei nicht in jedem Fall verbal äußern. Mit etwas Übung kannst du körperliche Reaktionen, die du normalerweise als unerwünscht empfinden würdest, in positive Signale umdeuten. Deine Hände Zittern? Du bist nicht nervös, du bist aufgeregt, weil du es fast geschafft hast. Schweiß auf der Stirn? Du hast keine Angst, du bist hochkonzentriert.
Studien haben ergeben, dass dein soziales Umfeld Auswirkungen auf deine mentale Stärke haben kann, und zwar leider oft negative. Klar, es ist nicht immer leicht, das eigene soziale Umfeld zu verändern. Seine Arbeitskollegen kann man sich nicht aussuchen, die Familie schon gar nicht und von Freunden trennt man sich auch nur ungern. Zumindest kannst du aber deine Zeit und Ressourcen so einteilen, dass du dich möglichst oft mit Menschen umgibst, die sich auf deine mentale Stärke positiv auswirken.
Das sind in der Regel diejenigen, die sich mit dir eher über deine Erfolge und nicht über deine Misserfolge unterhalten, die dich vor einer neuen Aufgabe bestärken, statt dich zu entmutigen und Kritik stets konstruktiv formulieren.
In diesem Fall wirkt sich dein Umfeld sogar positiv auf deine mentale Stärke aus. Auch hier gilt jedoch: Substanzlose Komplimente von Schmeichlern und Jasagern bringen dich nicht weiter. Positives Feedback muss immer leistungsbezogen sein, um Wirkung entfalten zu können.
Rollenmodelle mit viel Selbstwirksamkeit und erfolgreiche Idole, an denen du dich und dein Handeln orientieren kannst, sind in diesem Zusammenhang ebenfalls hilfreich. Das müssen nicht zwingend Promis sein, im Gegenteil: Je mehr sie dir und deinem Charakter ähneln, desto besser. Bonus: Wenn du mitbekommst, dass diese Personen für einen Erfolg auch noch belohnt werden, kann das deine mentale Stärke noch weiter erhöhen.
Was du vermeiden musst
Apropos Vorbilder: Mental starke Persönlichkeiten zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie ganz bestimmte negative Denkmuster vermeiden – bewusst oder ohne es zu merken. Wie immer in der kognitiven Psychologie sind diese Vorgänge sehr komplex, miteinander verwoben und von vielen Faktoren abhängig. Entsprechend lassen sich unerwünschte Charakterzüge auch nicht immer mühelos abtrainieren. Trotzdem, einige Denkfallen sind durchaus greifbar genug, um sie zu erkennen und dann einfach zu umgehen. Vorsicht vor:
Lageorientierung
Nostalgie ist schön und gut. Doch wer permanent in Erinnerungen schwelgt und über vermeintlich bessere Zeiten (oder peinliche Fehler) sinniert, verliert den Fokus und den Antrieb, wichtige aktuelle Aufgaben anzugehen. Mental starke Personen verstehen ihre Vergangenheit hingegen als das, was sie ist: vergangen. Aus schönen Erlebnissen schöpfen sie Energie für anstehende Aufgaben und aus Fehlern lernen sie, um sie nicht zu wiederholen.
Diese Verhaltensweisen haben eine Schnittmenge mit einem Phänomen, das in der Psychologie Handlungs- und Lageorientierung genannt wird. Handlungsorientierte Menschen gehen nach einem unerwünschten Vorfall unverzüglich in einen aktiven Modus über und handeln lösungsorientiert. Lageorientierte hingegen sind scheinbar nicht imstande, sich gedanklich von der Situation zu lösen und analysieren das Geschehene immer und immer wieder. In diesem Spektrum befinden sich mental Starke Personen eher auf der handlungsorientierten Seite. Also: Zermartere dir nicht den Schädel, wenn dir ein Fauxpas passiert ist, sondern handle und gehe möglichst schnell eine Lösung an – auch wenn’s schwerfällt.
Missgunst
Missgunst ist eine Haltung, die niemandem gut zu Gesicht steht. Wer öffentlich anderen ihre Erfolge grundlos missgönnt, gilt in den meisten Gesellschaften als unsympathischer, schlechtgelaunter Neidhammel. Doch Missgunst kann auch ein Hinweis sein, dass es mit der mentalen Stärke dieser Person nicht weit her ist. Mental starke Persönlichkeiten sind da nämlich tendenziell anders gestrickt.
Menschen mit ausgeprägter mentaler Stärke freuen sich in der Regel über den Erfolg anderer. Auch dann, wenn es bedeutet, dass sie dadurch auf der Karriereleiter überholt werden. Warum? Weil sie sich den Erfolg dieser Menschen auf eine bestimmte Weise erklären: Er ist durch harte Arbeit entstanden – also, so die Schlussfolgerung, können auch sie erfolgreich sein, wenn sie sich nur ordentlich reinhängen.
Energieverschwendung
Manchmal hilft es, einen Schritt zurückzugehen, eine neue Perspektive einzunehmen und Kausalketten zu hinterfragen. Denn viel zu oft neigen Menschen dazu, sich mit (häufig unwillkommenen) Begebenheiten zu beschäftigen, die gar nicht in ihrem Einflussbereich liegen. Mentale Starke Menschen tun dies in weit geringerem Ausmaß.
Es ist schlicht Ressourcenverschwendung, sich über verspätete Züge, rote Wellen oder schlechtes Wetter aufzuregen. Die Erkenntnis, über solche Umstände ohnehin keinerlei Kontrolle ausüben zu können, kann nicht nur unglaublich befreiend sein, es macht auch Energie für andere Ziele verfügbar.
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