Das Wichtigste auf einen Blick:

Viele Studenten leiden unter Depressionen. Häufige Auslöser ist dabei die ungewisse Zukunft, der hohe Grad an Selbstorganisation im Studium sowie ein erhöhter Alkohol- und Drogenkonsum.
Eine Depression kann sich auf verschiedene Weise äußern. Häufige Symptome sind: Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Interessenlosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörung, Suizidgedanken oder Minderwertigkeitsgefühle.
Mit Bewegung, einem gesunden Lebensstil und Unterstützung von Freunden und Familie können Depressionen zwar gelindert werden, du solltest dich dennoch an einen Arzt wenden, wenn eines oder mehrere dieser Symptome bei dir anhalten.

Am 10. November 2019 jährte sich der Todestag von Robert Enke zum zehnten Mal. Der ehemalige Profifußballer und Nationalspieler Deutschlands litt an Depressionen und beging infolgedessen Suizid. Der Vorfall führte zu einem großen medialen Echo: Wie konnte ein finanziell erfolgreicher und beliebter Mensch an einer Depression erkranken und den Weg des Selbstmordes suchen? Für viele Menschen wurde deutlich, dass diese Krankheit jeden treffen kann: Nach Angaben der Stiftung Deutsche Depressionshilfe wird innerhalb eines Jahres bei 5,3 Millionen Menschen eine depressive Störung diagnostiziert, darunter auch viele junge Menschen während ihres Studiums. Was sind die Gründe dafür? Und wie lassen sich die Symptome verhindern?

Sind Studenten anfällig für eine Depression?

Der Arztreport der Barmer Ersatzkasse stellte 2018 fest, dass etwa jeder fünfte Student an einer psychischen Krankheit leidet. Bei der mit 86.000 Betroffenen größten Gruppe wurde als Diagnose eine Depression gestellt. Eine hohe Zahl, selbst wenn man berücksichtigt, dass hier von der leichten bis zur schweren depressiven Störung verschiedene Grade der Krankheit zusammengefasst sind. Wie kommt es zu derart vielen Fällen? Durch die abnehmende Stigmatisierung und Aufklärung innerhalb der Gesellschaft trauen sich sicherlich mehr Menschen, ihren Hausarzt aufzusuchen, wenn sie Symptome an sich erkennen – doch dies ist nicht die einzige Erklärung. Bei einer Depression sind, wie auch bei anderen psychischen Krankheiten, die Ursache und der Auslöser der Erkrankung zu trennen.

Schon gewusst?

Bei einer Depression sind, wie auch bei anderen psychischen Krankheiten, die Ursache und der Auslöser (“Trigger”) der Erkrankung zu trennen.

Was ist der Auslöser einer Depression bei Studenten?

Die Ursache ist zunächst nicht immer offensichtlich und häufig in negativen Erlebnissen aus der Kindheit und Jugend oder einer genetischen Veranlagung zu finden. Zum Ausbruch einer Depression ist jedoch ein Auslöser notwendig – fehlt dieser, können Betroffene trotz entsprechender „Vorbelastung“ ein Leben führen, ohne jemals an einer Depression zu leiden.

Die Rolle des Alters

Ein wesentlicher Umstand ist das Alter, dies ist auch zentral für junge Menschen aus anderen Personenkreisen. Besonders in den ersten Semestern spielt die Bildung der eigenen Identität sowie die Orientierung innerhalb der Gesellschaft eine hohe Rolle. Sie befinden sich in einer Situation, in der viele Fragen auf die Ausrichtung des weiteren Lebens bezogen sind, wie zum Beispiel: „Welches sind meine Ziele, Träume, Hoffnungen im Leben?“, „Möchte ich eine Familie gründen?“, „Führt mein Studium zu einem Beruf, den ich ein Leben lang ausführen möchte?“ oder „Habe ich mich anhand meiner Stärken für das richtige Studium entschieden?“ Werden diese Themen in einem längeren Zeitraum nicht befriedigend beantwortet, kann es zu einer Sinnkrise kommen und damit eine psychische Erkrankung auslösen.

Du bist auf dich allein gestellt …

Ein weiterer Faktor ist die Struktur eines Studiums. Es ist ein hoher Grad an Selbstorganisation und Disziplin notwendig. Entwickelt sich also ein Problem und bleibst du hinter den Anforderungen zurück, musst du dich selbst darum kümmern. An Universitäten bist du nur ein anonymer Student unter vielen und fehlst du in deiner Vorlesung, ist das für die Arbeit des Dozenten nicht relevant. Dies ist ein Unterschied zu einer Ausbildung. Hier wird dein Fortbleiben sofort bemerkt, denn du übernimmst oftmals Aufgaben, die sonst andere erledigen müssen. Verglichen mit einem Studium hast du mehr Verpflichtungen und weniger Freiraum, allerdings auch eine größere Sicherheit – Ausbilder geben dir direkt Hilfestellungen, falls du diese benötigst.

… und gehst in die Kneipe!

Menschen stoßen mit Schnaps an
Kommt dir die Situation bekannt vor?

Zentral ist auch die Rolle von Alkohol und anderen Drogen. Sie können Depressionen sowohl auslösen als auch verstärken. Dies liegt an der chemischen Wirkung der Substanzen auf das Gehirn: Der Haushalt der für Freude und Glück zuständigen Hormone gerät aus den Fugen. Und der regelmäßige Konsum von Alkohol ist während des Studiums verlockend. Wer die Eigenverantwortung noch nicht verinnerlicht hat, neigt schnell dazu, derartigen Verführungen nachzugeben. So ist es an manchen Universitäten ein traditionelles Ritual, sich im Rahmen der Orientierungsphase zu Beginn des Studiums tagelang zu betrinken. Doch nicht nur die Gesellschaft von trinkfreudigen jungen Menschen führt zum häufigen Gang in die Kneipe: Fern der Familie plagen manch einen auch die Einsamkeit und die Überforderung im neuen Lebensabschnitt.

Wie erkennst du, dass du an einer Depression leidest?

Psychische Erkrankungen entwickeln sich meist schleichend. Ist zum Beispiel dein Bein gebrochen, setzt der Schmerz innerhalb von Sekunden ein und du siehst mit eigenen Augen, dass etwas an dieser Stelle des Körpers nicht stimmt. Doch bei einer Depression wirst du dich berechtigterweise fragen, ob es sich nur um eine kurze Phase handelt, in der du nicht gut gelaunt bist, oder ob sich dieser Gemütszustand bereits in deinem Kopf verfestigt hat.

Was sind die Symptome einer Depression?

Um darauf eine Antwort zu finden, orientieren sich Mediziner am ICD-10, der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten. Dementsprechend liegt eine Depression vor, wenn über einen Zeitraum von zwei Wochen mindestens zwei von drei der folgenden Hauptsymptome sowie mindestens zwei von sieben Nebensymptomen vorliegen.

Hauptsymptome:

  • Antriebslosigkeit: Du spürst schon beim Aufstehen keinen Antrieb und keine Energie, einer Tätigkeit nachzugehen. Dies betrifft nicht nur den Besuch von Vorlesungen und Seminaren, sondern auch dein Privatleben. Bereits der Haushalt, die Zubereitung von Speisen oder die eigene Körperpflege fällt dir schwer.
  • Niedergeschlagenheit: Du spürst eine Art innerer Leere, welche nicht nur kurzzeitig anhält, sondern von großer Dauer ist. Das Leben ist dominiert von Emotionslosigkeit – Egal, ob du dich in einer fröhlichen oder traurigen Situation befindest.
  • Interessenlosigkeit: Du verlierst den Spaß an Dingen, die dir vorher regelmäßig Freude bereitet haben. Das kann Inhalte des Studiums betreffen, aber auch Hobbys oder sogar Mitmenschen – zu erkennen an Vernachlässigung selbiger oder sogar völliger Isolation.

Nebensymptome

  • Konzentrationsschwierigkeiten: Du schaffst es nicht mehr, dich beim Lesen oder Schreiben eines Textes zu konzentrieren – schon nach wenigen Sätzen schweifen die eigenen Gedanken ab und du hast die Hälfte vergessen.
  • Minderwertigkeitsgefühl: Aufgrund eines niedrigen Selbstwertgefühls hältst du deine Qualifikationen für nicht wichtig. Natürlich auch im persönlichen Bereich: Du denkst, du selbst bist nicht attraktiv, intelligent oder intelligent genug, um bei anderen Menschen Sympathie zu erwecken.
  • Schuldgefühle: Du hast eine Prüfung in den Sand gesetzt? Die erste große Liebe ist gescheitert? Bei diesem Symptom siehst du die Schuld allein bei dir und nicht bei äußeren Einflüssen.
  • Pessimismus: Dein Alltag wird bestimmt durch negative Gedanken. Im Kopf kreisen Sätze wie: „Ich werde das Studium nicht schaffen“, „Ich werde niemals die große Liebe finden“ oder „Ich finde mit dem Abschluss später keinen Job“.
  • Suizidgedanken: Die Krankheit sowie die Symptome quälen dich im Alltag so sehr, dass du darüber nachdenkst, dein Leben zu beenden.
  • Schlafstörungen: Du schaffst es nicht mehr rechtzeitig und regelmäßig am Abend einzuschlafen. Dazu wachst du mitten in der Nacht mehrfach auf.
  • Appetitlosigkeit: Du verspürst einen verminderten Appetit, was sich wiederum leicht an einem schnellen Gewichtsverlust erkennen lässt.
Wie schlimm ist es?

Selbsttest der Deutschen Depressionshilfe

Einen Selbsttest kannst du bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe finden.

Was kannst du vorbeugend gegen die Depression tun?

Zunächst: Hast du das Gefühl, dass die oben genannten Symptome für eine Depression bei dir vorliegen, oder ein entsprechendes Ergebnis beim Selbsttest erhalten, solltest du dringend deinen Hausarzt aufsuchen und ihn über deine gesundheitliche Lage informieren. Dieser wird entsprechende weitere Schritte besprechen oder gegebenenfalls Maßnahmen wie die Verschreibung von Medikamenten einleiten. Keine Internetseite kann professionelle Hilfe ersetzen. Mit den folgenden Tipps kannst du jedoch von vornherein das Risiko verringern, an einer Depression zu erkranken.

Pflege einen ausgeglichenen Lebensstil

Es klingt wie ein Kalenderspruch, sollte aber dennoch nicht vernachlässigt werden: Ein gesunder Lebensstil kann Depressionen und anderen Krankheiten vorbeugen. Dazu gehört eine abwechslungsreiche Ernährung; Empfohlen werden viel Obst und Gemüse, wenig Zucker, Salz und tierische Fette sowie Vollkornprodukte. Genussmittel wie Alkohol solltest du in Maßen und nicht in Massen konsumieren. Auch der Zeitpunkt des Essens ist wichtig: Wer regelmäßig zu bestimmten Tageszeiten isst, kann seinen Körper darauf „trainieren“, nur in diesen Abständen Hunger zu bekommen. Zudem verbessert dies die Bekömmlichkeit der Lebensmittel bei der Verarbeitung im Magen-Darm-Trakt. Das verhindert die Heißhunger-Attacken.

Neben regelmäßigem Essen ist ein strukturierter Tagesablauf hilfreich. Während einer Depression leiden viele Betroffene darunter, dass ihr Rhythmus komplett durcheinandergerät und sie zum Beispiel tagsüber schlafen und nachts essen. Es hilft, sich konsequent Termine am Tag zu setzen – und zwar auch für Kleinigkeiten wie den Einkauf oder das Schauen deiner Lieblingsserie.

Bringe Bewegung in den Alltag

Zwei Menschen joggen im Park
Sonne, Gesellschaft, Bewegung – drei förderliche Elemente.

Du solltest auch täglich mindestens eine halbe Stunde Sport einplanen. Vor allem Bewegung an der frischen Luft dient dem Körper: Durch das Licht wird Melatonin abgebaut; ein erhöhter Spiegel führt unter anderem zu Müdigkeit. Regelmäßige Bewegung aktiviert Dopamin, ein Hormon, welches unter anderem das Glücksgefühl des Menschen mitbestimmt. Nach dem Sport wird Dopamin abgebaut und Serotonin wiederum aufgebaut. Letztgenannter Stoff beeinflusst unter anderem, wie gut wir schlafen. Bei Betroffenen ist oft eine Störung bei der Bildung dieser Stoffe oder im Hormonspiegel festzustellen. Mit Sport ist übrigens nicht gemeint, dass du deinen Körper hohen Belastungen aussetzen musst. Bereits mit leichter Bewegung wie einem Spaziergang, einer ruhigen Fahrradtour oder einem Besuch des Schwimmbads kannst du deinen Hormonhaushalt positiv beeinflussen.

Teile deine Gedanken mit anderen Menschen

Symptome wie Pessimismus oder Schuldgefühle setzen sich im Gehirn fest, wenn du keine Perspektive von außen erhältst. Und wenn du gerade in die Stadt gezogen bist, ist das persönliche Gespräch mit den Eltern oder Freunden weit weg (auch wenn du diese im Zweifel über das Telefon oder WhatsApp kontaktieren kannst). Gerade in Studentenstädten gibt es glücklicherweise reichlich Gelegenheiten, neue Menschen zu treffen. An Pinnwänden oder online findest du manchmal auch Kontaktmöglichkeiten zum gemeinsamen Kochen oder zum Sport – so schlägst du womöglich zwei Fliegen mit einer Klappe.

Des Weiteren bietet dir das Internet anonyme Chats. Diese Angebote sind besonders gut geeignet für Menschen, die das soziale Stigma fürchten: Allzu oft ernten Betroffene selbst von guten Freunden Unverständnis sowie wenig hilfreiche Ratschläge und Alltagsweisheiten wie „Lach doch einfach mal mehr!“ oder „Kopf hoch, das wird schon wieder!“

Bist du introvertiert?

Hast du Probleme, anderen Menschen etwas zu erzählen, dann hilft dir vielleicht schon ein Tagebuch, ein Dienst wie Twitter oder ein anonymer Blog, um Gedanken loszuwerden.

Lernblockade im Studium? Gönne dir ausreichend Erholung

Insbesondere in den Prüfungsphasen geht es im Studium Schlag auf Schlag. Eine Klausur folgt auf die Hausarbeit und auf diese wiederum ein weiteres Referat. In manchen Studiengängen ist es selbst bei guter Organisation schwierig, die notwendigen Pausen zu finden. Mit dieser Belastung kommen nicht alle Menschen klar, Körper und Psyche sind nach einer Zeit überfordert. Dadurch kann es zu Symptomen wie Konzentrations- und Gedächtnisproblemen kommen. Es kann eine Negativspirale in Gang setzen, wenn du in einer Prüfung nicht bestehst und im kommenden Semester noch mehr lernen musst. Falls du anfällig bist, in einen solchen Strudel hineinzugeraten, versuche am Tag mehrere Lernpausen einzulegen.

Studium aufgeben oder wechseln? Auf zur Beratungsstelle

Wenn du dir noch nicht sicher bist, ob genannte Symptome bei dir auftreten, aber du Schwierigkeiten im Studium oder im Privatleben hast, kannst du auch Beratungsangebote deiner Hochschule wahrnehmen. Manchmal ist dies eine allgemeine psychische Beratungsstelle, in vielen Fällen aber auch eine spezielle Studienberatung. Hier findest du auch Hilfe zur besseren Strukturierung des Studiums – und Antworten darauf, wie ein Wechsel in eine Ausbildung am besten vollzogen wird. Auch in Sachen Finanzierung sind die Berater gut ausgebildet und können in Notlagen eventuell Möglichkeiten aufzeigen, wie du an weiteres Geld kommst.

Wo findest du im Notfall konkrete Hilfe?

Bist du von Depressionen oder Suizidgedanken betroffen? Dann versuche mit einem Menschen über dieses Thema zu sprechen. Es sind zahlreiche Angebote auf verschiedenen Plattformen verfügbar, in telefonischer Form, per Chat, E-Mail und auch auf persönlichem Weg.

  • Telefonseelsorge (rund um die Uhr erreichbar): 0800-1110111 oder 0800-1110222
  • Info Telefon der Stiftung Deutsche Depressionshilfe (Mo, Di, Do: 13 – 17 Uhr, Mi, Fr: 8:30 – 12:30 Uhr): 0800-3344533
  • Auf der Seite der Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de) kann man (auch ohne Termin) Berater per Chat oder E-Mail erreichen.

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