Das Wichtigste auf einen Blick:

Powernapping ist eine Ruhepause, ein Nickerchen, das so kurz ist, dass man nicht in die Tiefschlafphase eintaucht. Es geht dabei eher um die erholsame Wirkung als um tatsächlichen Schlaf.
Ein Powernap sollte zwischen 10 bis maximal 30 Minuten liegen.
Am besten lässt sich das Nickerchen mittags oder am frühe Vormittag einbauen zwischen 12 und 15 Uhr, denn das Mittagstief ist Teil unseres biologischen Rhythmus.
Ein Powernap steigern nachweislich die körperliche und geistige Leistung, fördert das Kurzzeitgedächtnis, verbessert die Stimmung und hat einen positiven Einfluss auf das Herz- und Kreislaufsystem.

Ein Nickerchen während der Arbeitszeit gilt für viele Menschen in Deutschland als Faulenzerei. In anderen Kulturen ist das Powernapping jedoch fester Bestandteil des Alltags. Wissenschaftler schreiben dem kurzen Mittagsschlaf zahlreiche positive Eigenschaften zu – wenn man ihn denn sinnvoll einsetzt. Wir verraten dir, welche Vorteile ein Powernap hat und wie du richtig einschläfst.

Was ist Powernapping?

Der englische Begriff Powernapping setzt sich aus den Worten für „Energie“ und „Nickerchen“ zusammen – es handelt sich also im Prinzip um den guten alten Mittagsschlaf, nur mit einem modernen Update. Denn Powernapping ist die Bezeichnung für ein Nickerchen, das so kurz ist, dass man nicht in die Tiefschlafphase eintaucht.

Es ist eine Erholung für zwischendurch und ein Ritual, das von Schlafexperten sogar ausdrücklich empfohlen wird. Dabei steht das Schlafen eigentlich gar nicht im Mittelpunkt: In Wahrheit geht es darum, abzuschalten und dem Körper und Verstand eine kurze Ruhepause zu gönnen. Wichtig ist bei der Kürze der Zeit also kein richtiger Schlaf, sondern die erholsame Wirkung – in vielen Fällen könnte es daher auch schon ausreichen, die Augen zu schließen und nichts zu tun.

Ob Manager oder Leistungssportler, viele Menschen schwören auf das Powernapping, da es nachweislich die Leistungskraft steigert. Das bestätigt auch Ingo Fietz, Professor und Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Berliner Charité:

„Nach einem Powernap ist man mindestens für vier Stunden wieder geistig und körperlich fit.“

Wie lange darf ein Powernap dauern?

Die optimale Dauer für ein Powernap liegt zwischen 10 und maximal 30 Minuten. Du solltest jedoch auf keinen Fall länger schlafen, denn dann gerät dein Körper in die Tiefschlafphase. Wirst du aus dieser gerissen, bist du desorientiert, dein Kreislauf gerät durcheinander, deine Konzentration nimmt ab und du bist erschöpfter als zuvor. Die positiven Effekte des Powernapping sind also bei einer Dauer von mehr als 30 Minuten nicht mehr gegeben.

Forscher an der School of Psychology der Finders University in Australien haben die Auswirkungen von unterschiedlichen langen Powernaps untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass Teilnehmer, die 20 bis 30 Minuten lang schliefen, noch etwa 30 Minuten danach mit ihrer Schläfrigkeit zu kämpfen hatten, bevor sich der leistungssteigernde Effekt einstellte. Die Teilnehmer, die nur 10 Minuten Powernapping betrieben, waren hingegen sofort wieder fit.

Die beste Uhrzeit für ein Powernap

Am besten solltest du dein Nickerchen natürlich dann einschieben, wenn du merkst, dass deine Konzentrationsfähigkeit nachlässt und du erschöpfst bist. Die meisten Menschen machen ein Powernap mittags oder zum frühen Nachmittag zwischen 12 und 15 Uhr. Das Mittagstief ist Teil unseres biologischen Programms, da unser Kreislauf zu dieser Zeit besonders labil ist.

Um diese Uhrzeit kannst du deinen Körper und Geist nochmal ankurbeln, ohne dabei deinen eigentlichen Schlafrhythmus zu stören – nach 15 Uhr ist ein Nickerchen eher kontraproduktiv, da es deinen nächtlichen Erholungsschlaf stören könnte.

Solltest du unter einer Schlafstörung leiden, ist Vorsicht beim Powernapping geboten, denn es kann deine nächtlichen Schlafschwierigkeiten zusätzlich verstärken.

Powernapping während der Arbeit

In Deutschland wird das Mittagsschläfchen häufig noch belächelt, in anderen Ländern ist es jedoch fester Bestandteil der Kultur. In Japan etwa wird das Powernapping während der Arbeit sogar von der Regierung empfohlen.

Hier ist das Nickerchen als „Inemuri“ bekannt – das Wort kombiniert die Schriftzeichen für „anwesend sein“ und „Schlaf“. Dort ist es gang und gäbe überall ein Powernap einzulegen: im Büro, in der Schule und sogar in der Bahn – denn in Japan ist das Nickerchen ein Zeichen dafür, dass derjenige sehr hart arbeitet und deshalb nachts keinen Schlaf bekommt.

Auch in den USA ist der Trend zum Powernapping mittlerweile angekommen: Hier gibt es zahlreiche große Unternehmen, wie zum Beispiel Google, die für ihre Mitarbeiter einen Ruheraum einrichten.

Das Powernapping bietet zahlreiche Vorteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, denn es steigert nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern hebt auch die Laune und tut etwas für unsere Gesundheit.

Vorteile des Powernappings

Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben die positiven Eigenschaften des Powernapping bereits bestätigt – jedoch nur, wenn man es richtig macht. In erster Linie soll das Nickerchen dir dabei helfen, deinen Erschöpfungszustand zu reduzieren.

Das geschieht gleich in mehrfacher Hinsicht:

  • Steigerung der körperlichen und geistigen Leistung
  • Förderung des Kurzzeitgedächtnisses und der Konzentration
  • Verbessert die Stimmung durch die Erhöhung des Serotonin-Spiegels (Glückshormon) und die Senkung des Cortisol-Spiegels (Stresshormon)
  • positiver Einfluss auf das Herz- und Kreislaufsystem
  • Reduzierung des Appetits: Müde Menschen neigen dazu, vermehrt auf fettige und süße Speisen zurückzugreifen, um den Energiemangel auszugleichen

Steigerung der geistigen Leistung

Kleinkind macht ein Nickerchen
Auch bei Kleinkindern hat das kurze Nickerchen bereits eine positive Wirkung.

Laut dem Schlafexperten Jürgen Zulley von der Universität Regensburg bestätigen zahlreiche Studien, dass ein Nickerchen die Leistungsfähigkeit um bis zu 35 Prozent steigern kann. Auch die NASA belegte durch eigene Untersuchungen, dass ein Powernap die Aufmerksamkeit um bis zu 100 Prozent steigern kann.

Die amerikanische Psychologin Rebecca Spencer bewies außerdem, dass ein Nickerchen bei Vier- bis Fünfjährigen dabei half, dass sie sich das zuvor gelernte besser merken konnten – sie konnten etwa zehn Prozent mehr Informationen abrufen.

Positiver Einfluss auf Herz- und Kreislaufsystem

In einer groß angelegten Studie der Harvard School of Public Health beobachteten Wissenschaftler die Gesundheitsdaten von knapp 25.000 Testpersonen über einen Zeitraum von sechs Jahren. Dabei fanden sie heraus, dass Menschen, die regelmäßiges Powernapping betrieben, ein 37 Prozent geringeres Risiko hatten, an einem Herzinfarkt zu sterben, und ein 64 Prozent geringeres Risiko, an einer koronaren Herzerkrankung zu versterben.

Eine weitere Studie der Universität Kalifornien belegte dieses Ergebnis: Hier zeigte sich jedoch auch, dass sich dieser positive Effekt nur dann einstellte, wenn die Testpersonen maximal zweimal pro Woche ein Powernap einlegten – bei mehr Nickerchen lies die Wirkung nach. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Testpersonen, die gezielt wenige Powernaps einlegen, generell einen gesunden Lebensstil haben und sich somit ihr Gesamtrisiko für Herzerkrankungen verringerte.

Nachtruhe

Natürlich ersetzt das Powernapping nicht den erholsamen Nachtschlaf. Denn dort laufen regenerative Prozesse ab, die bei einem kurzen Nickerchen nicht geleistet werden können. Die Nachtruhe ist und bleibt wichtig für die körperliche und geistige Erholung, aber auch für nachhaltige Lernprozesse. Damit sich etwas in unserem Langzeitgedächtnis verankert, müssen wir mindestens eine Stunde schlafen und dabei alle Phasen des Schlafes durchlaufen – inklusive Tiefschlaf und REM-Phase.

Powernapping lernen

Augen zu und durch, denn Powernapping will gelernt sein. Auf Knopfdruck einzuschlafen erfordert einiges an Übung – sei also nicht frustriert, wenn es dir nicht sofort gelingen sollte. Wir haben für dich eine Anleitung zum Powernappen, damit du auch in einer ungewohnten Umgebung, wie deinem Arbeitsplatz, problemlos ein Nickerchen einlegen kannst.

Starte in deiner Freizeit

Am besten startest du deine ersten Versuche zum Powernapping in einer gewohnten Umgebung in deiner Freizeit. Zu Hause in deinem Bett oder auf deinem Sofa wird es dir zunächst wahrscheinlich leichter fallen, einzuschlafen. Selbst wenn du zu Beginn zehn Minuten wach liegst, solltest du dich dennoch an die folgenden Regeln halten: So gewöhnt sich dein Körper nach einiger Zeit an den Rhythmus des Powernappings.

Den richtigen Ort finden

Wenn du ein Powernap auf deiner Arbeit einlegen möchtest, gilt es ebenfalls, einen geeigneten Ort zu finden. Vielleicht gibt es einen Gemeinschaftsraum mit gemütlichen Sesseln oder einem Sofa, den du in deiner Mittagspause nutzen kannst. Auch ein Powernap am Schreibtisch mit einem kleinen Kissen ist durchaus denkbar – wichtig ist jedoch, dass deine Schlafposition bequem ist, denn sonst kannst du dich nicht entspannen. Ideal ist ein Raum, den du abdunkeln kannst, im Notfall tut es jedoch auch eine Schlafmaske.

Die richtige Geräuschkulisse

Einige Menschen können nur in absoluter Stille schlafen, andere bevorzugen Naturgeräusche: Ohrenstöpsel oder Kopfhörer sorgen auch auf der Arbeit für eine angenehme Geräuschkulisse.

Einige Menschen bevorzugen auch Meditationsvideos, die dich beim Einschlafen begleiten.

Geheimtipp: Kaffee

Koffein und Powernap – zwei Begriffe, die eigentlich nicht zusammenpassen. Warum ist es also sinnvoll, vor dem Nickerchen noch eine Tasse Kaffee zu trinken? Das liegt daran, dass die kreislaufanregende Wirkung von Koffein erst nach 20 bis 30 Minuten einsetzt – perfekt, um nach deinem Powernap wieder durchzustarten.

Kopf frei machen

Wenn sich deine Gedanken noch immer um das letzte Meeting drehen oder bereits um deine Aufgaben nach der Mittagspause, ist es unmöglich, einzuschlafen – besonders nicht in so kurzer Zeit. Versuche, dich von diesen Gedanken zu lösen – dafür gibt es unterschiedlichste Methoden. Von Meditation über Atemübungen bis zur progressiven Muskelentspannung: Probiere aus, was dir hilft.

Wecker stellen

Das Entscheidende beim Powernapping ist das richtige Timing. Aus diesem Grund solltest du auf keinen Fall vergessen, dir einen Wecker zu stellen. Einige Menschen schaffen es mit ein bisschen Übung zwar, von selbst nach zehn Minuten aufzuwachen, doch zu Beginn solltest du dieses Risiko nicht eingehen.

Eine weitere Option, die schon Albert Einstein für sein Nickerchen benutzte, ist die, einen Gegenstand in die Hand zu nehmen – zum Beispiel ein Schlüsselbund. Sobald du beginnst, in die Tiefschlafphase überzugehen, entspannen sich deine Muskeln und du lässt den Gegenstand fallen. Durch das Geräusch wirst du automatisch geweckt.

Aufstehen

Sobald der Wecker klingelt, solltest du sofort aufstehen. So stellst du sicher, dass du die positive Wirkung des Powernappings nicht zunichtemachst – die Snooze-Taste wird nicht gedrückt. Anschließend solltest du versuchen, deinem Kreislauf ein wenig Starthilfe zu geben. Es hilft bereits, wenn du nach dem Aufstehen ein kaltes Glas Wasser mit Zitrone trinkst, ein paar Dehnübungen machst oder Sonnenlicht tankst.

Das Powernapping ist nicht für jeden Menschen die ideale Waffe gegen das Mittagstief, doch einen Versuch ist es in jedem Fall wert. Die zahlreichen positiven Eigenschaften des Powernappings sind ein Argument, dass in Zukunft vielleicht auch einige Arbeitgeber überzeugen wird – auch wenn deutsche Unternehmen dem Nickerchen noch negativ gegenüberstehen.

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