Das Wichtigste auf einen Blick:
Nicht jeder weiß bereits zum Zeitpunkt seines Abschlusses, wie es nach der Schule weitergehen soll. Diese Orientierungsphase lässt sich jedoch sinnvoll überbrücken – zum Beispiel mit einem freiwilligen sozialen Jahr oder einem vergleichbaren Angebot. Welche Freiwilligendienste es gibt und wie du dich erfolgreich bewirbst, erfährst du hier.
Was ist ein Freiwilligendienst?
Wenn wir von Freiwilligendiensten sprechen, ist in der Regel eine spezielle Form der gemeinnützigen Arbeit gemeint. Sie zeichnet sich vor allem durch ihren Projektcharakter und eine begrenzte Laufzeit aus.
Zu den vier bekanntesten dieser Angebote zählen:
- Das freiwillige soziale Jahr (FSJ)
- Das freiwillige ökologische Jahr (FÖJ)
- Der Bundesfreiwilligendienst (BFD)
- Der europäische Freiwilligendienst (EFD)
FSJ: das freiwillige soziale Jahr
Wer sich für ein freiwilliges soziales Jahr interessiert, wählt zunächst eine geeignete Einsatzstelle aus. Dabei handelt es sich um Dienstleister, die ihre wohltätige Arbeit in unterschiedlichen Bereichen verrichten und von einem sogenannten Träger koordiniert werden – staatliche anerkannte und geförderte Vereine, Stiftungen und Organisationen.
Jeder dieser Träger deckt dabei ein bestimmtes Feld der gemeinnützigen Arbeit ab. Dazu gehören in erster Linie diese Bereiche:
- Kunst und Kultur: Museen, Kunstvereine, Bibliotheken
- Pflege und Medizin: Rettungsdienste, Krankenhäuser, Seniorenheime, Pflegedienste
- Denkmalschutz: Architektur- und Planbüros, Baugemeinschaftsdienste, Handwerks- und Baubetriebe, Denkmalbehörden, Archive
- Sport: Jugendferiendörfer, Vereine und Verbände, Sportschulen
- Jugendpflege: Soziale Einrichtungen, Jugendfreizeitstätten, Kindertagesstätten, Behindertenwerkstätten, Schulen und Förderschulen
Natürlich kannst du dich während eines FSJs auch erst einmal beruflich ausprobieren. Wähle also am besten einen Träger aus, der zu dir und deinen Interessen passt. Vielleicht dient das FSJ sogar als erste Karrierestation in deinem Lebenslauf und damit als handfeste Referenz für deinen ersten richtigen Job.
Welche Qualifikationen gibt es für das FSJ?
Wer sich für ein FSJ bewerben möchte, benötigt im Grunde keine besonderen Qualifikationen. Ein bestimmter Notendurchschnitt oder spezielles Vorwissen sind grundsätzlich nicht erforderlich. Stattdessen gibt es bestimmte Rahmenbedingungen, die Bewerber erfüllen müssen:
- Das Angebot richtet sich ausschließlich an Personen im Alter von 16 bis 27 Jahren.
- Die Bewerber müssen das zehnte Schuljahr absolviert haben, um sich erfolgreich anmelden zu können. Ein bestimmter Schulabschluss ist allerdings nicht vonnöten. Vielmehr stellt das Kriterium sicher, dass niemand seine Bildung zugunsten des Angebots vernachlässigt.
Wie lange dauert ein FSJ?
Auch das freiwillige soziale Jahr nimmt einen vorher festgelegten Zeitraum in Anspruch. Dabei handelt es sich jedoch nicht zwangsläufig um exakt ein Jahr: Das FSJ kann zwischen 6 und 18 Monaten dauern.
Die Dauer des jeweiligen Projekts hängt vom Träger und der Einsatzstelle ab. Informiere dich daher über das Angebot und den dafür vorgesehenen Zeitraum. Das gilt vor allem, wenn du bereits Pläne für die Zeit nach dem FSJ hast.
Trotz der teils unterschiedlichen Projektdauer beginnen die meisten Angebote üblicherweise am ersten August oder September.
Die Vergütung des FSJs
Die Vergütung während des FSJs beschränkt sich überwiegend auf kleinere Beträge und Aufwandsentschädigungen. Dabei kümmert sich der Träger um die Rahmenbedingungen des Angebots: vor allem um die Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer, die er entweder selbst übernimmt oder anteilig auszahlt. Die Anschaffung der notwendigen Arbeitsbekleidung und anfallende Fahrtkosten werden zum Teil ebenfalls erstattet.
Welche Leistungen das Angebot enthält, hängt im Einzelfall vom Träger ab. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, bereits im Vorfeld Informationen zum Projekt einzuholen.
Bestimmte Kosten muss der Träger jedoch in jedem Fall übernehmen: die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Unfall-, Renten- und Pflegeversicherung.
Eine weiterer entscheidender Vorteil sämtlicher Freiwilligendienste: Sie lassen sich bei einem späteren Studium als Wartesemester anrechnen. So kannst du diese Phasen sinnvoll überbrücken oder hältst dir die Option eines schnelleren Studieneinstiegs offen.
Quasi-Vergütung: das Taschengeld
Ebenfalls üblich ist die Zahlung eines Taschengeldes. Dieses beschränkt der Gesetzgeber jedoch auf sechs Prozent der in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze. Im Jahr 2020 beträgt das maximale Taschengeld damit 414 Euro pro Monat.
Letztendlich entscheidet der Träger über die Höhe des Taschengeldes, weshalb es sich in der Praxis meist um eher bescheidene Summen handelt. Als Bundesdurchschnitt gelten 150 Euro pro Monat.
Fortbildungen während des FSJs
Ist eine bestimmte Fortbildung eine Voraussetzung für ein FSJ, bietet der Träger diese häufig selbst als Teil des Programms an. Projekte im Bereich Sport setzen zum Beispiel oft eine Vorbildung als Übungsleiter voraus. Das freiwillige soziale Jahr kann also auch eine günstige Gelegenheit für eine Weiterbildung darstellen.
Ablauf: Das kannst du in der Regel von einem FSJ erwarten
Dank der unzähligen Träger, Einsatzstellen und Projektformate ist kein FSJ wie das andere. Trotzdem gibt es einen generellen Ablauf, mit dem jeder Interessent rechnen kann: Der Gesetzgeber sieht eine Aufteilung in zwei Bereiche vor. Der Hauptanteil macht dabei die Projektarbeit aus, die in der Regel 39 Stunden pro Woche beträgt.
Der zweite Teil besteht aus mehreren Lern- und Besprechungsphasen. Hier handelt es sich in erster Linie um Seminare, in denen der Projektverlauf, die Situation und die Erfahrungen der Teilnehmer zur Sprache kommen. Generell stehen dafür ein Einführungs- und ein Abschlussseminar zur Verfügung – ergänzt durch mehrere Zwischenseminare.
Die Mindestdauer dieser Phasen beträgt jeweils fünf Tage – ein zwölfmonatiges FSJ beinhaltet jeweils 25 Seminartage.
FÖJ: das freiwillige ökologische Jahr
Das freiwillige ökologische Jahr unterscheidet sich nur in einem Punkt vom FSJ: Hier liegt der Fokus auf den Themen Umwelt und Umweltschutz. Als Einsatzstellen kommen hier gemeinnützige Dienstleister mit einem direkten Bezug zu den entsprechenden Inhalten infrage. Dazu gehören:
- Umweltverbände
- Tier- und Naturschutzzentren
- Lebensmittelverarbeitung
- öffentliche Einrichtungen und Trägervereine
- geeignete Stellen in der Land- und Forstwirtschaft
- Landschafts- und Gartenbau
BFD: der Bundesfreiwilligendienst
Der Bundesfreiwilligendienst wurde erst im Jahr 2011 eingeführt – im Mai 2020 sind über 38.000 BFDler im Dienst.
Als Erklärung für den regen Zulauf kommt vor allem die fehlende Altersbeschränkung infrage. Die Teilnehmer müssen lediglich die Erfüllung der Vollzeitschulpflicht nachweisen können.
Für Personen über 27 gibt es allerdings eine Sonderregelung. Sie können das Angebot nämlich nur alle fünf Jahre nutzen. Für diese Altersgruppe besteht außerdem die Möglichkeit, den BFD halbtags zu leisten. In diesem Fall nimmt die Arbeitswoche lediglich 20 Stunden in Anspruch.
EFD: der europäische Freiwilligendienst
Der europäische Freiwilligendienst gibt jungen Menschen mit festem Wohnsitz in der EU die Möglichkeit, verschiedene gemeinnützige Projekte zu unterstützen. Das beinhaltet häufig auch Teilnehmer aus den Partnerländern der Programme „Jugend in Aktion“ und Erasmus+. Sie werden nicht nur innerhalb der EU eingesetzt, sondern auch in Nichtmitgliedsländern, zum Beispiel in der Türkei, Russland, Marokko, Syrien, Israel, Jordanien, Tunesien oder Algerien.
Neben dem Einsatzgebiet unterscheidet sich das Angebot vor allem durch seine reiche Themenvielfalt. Insgesamt bieten die internationalen Träger dabei einen Querschnitt der Themen Jugend, Soziales, Kultur und Umwelt an.
Welche Leistungen bietet der europäische Freiwilligendienst?
Die Teilnehmer des EFD profitieren nicht nur vom vielfältigen Angebot, sondern auch von der höchsten Bezuschussung aller internationalen Freiwilligendienste. Daher fallen auch die Leistungen der Angebote besonders attraktiv aus. Sie beinhalten:
- Verpflegung und Unterkunft
- Übernahme der Reisekosten von bis zu 90 %
- Sprachkurse
- Übernahme der Kosten für Visa und Impfung
- Taschengeld von bis zu 145 Euro
Das Bewerbungsverfahren des EFD
Zwar klingen die Rahmenbedingungen des EFD verlockend, das komplexe Bewerbungsverfahren verpasst der Begeisterung vieler Interessenten jedoch häufig einen gehörigen Dämpfer. Das liegt nicht nur an den langen Fristen – auch die zahlreichen Schritte des Bewerbungsverfahrens nehmen grundsätzlich viel Zeit in Anspruch.
Interessenten müssen sich in diesem Fall nämlich bei gleich zwei Trägern bewerben:
- Die Entsendeorganisation: Sie stellt im Verfahren den ersten Kontakt für den Interessenten dar und hilft ihm bei der weiteren Planung. Dazu gehört zum Beispiel die Suche nach einer geeigneten Einsatzstelle, aber auch Teile der bürokratischen Abwicklung.
- Hat sich der Bewerber für ein Projekt entschieden, folgt der zweite Schritt: Die Anmeldung bei der Aufnahmeorganisation. Sie richtet das Projekt aus, bei dem die Freiwilligen ihren EFD ableisten.
Fristen und Anmeldekriterien
Die Dauer des Einsatzes unterscheidet sich von anderen Freiwilligendiensten: Sie beträgt maximal ein Jahr und mindestens zwei Monate. Diese Projekte sollen vor allem von größeren Gruppen oder einkommensschwachen Teilnehmern genutzt werden.
Für den EFD gibt es keinen gemeinsamen Projektbeginn. Stattdessen geben die beteiligten Träger längere Fristen für das Bewerbungsverfahren vor, um den Zulauf der Interessenten zu koordinieren. Eine Bewerbung bei der Einsatzstelle muss in der Regel acht Monate vor Projektbeginn erfolgen.
Freiwilligendienst: Tipps für das Bewerbungsverfahren
Auch wenn es sich bei Freiwilligendiensten grundsätzlich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt, entscheidet letztendlich eine Bewerbung über die Platzvergabe. Übersteigt die Nachfrage das Angebot der Einsatzstelle, müssen sie sich zwischen mehreren Kandidaten entscheiden. Dabei hilft ihnen das Bewerbungsverfahren.
Dabei stellen einige Träger eigene Formulare zur Verfügung oder wickeln das Verfahren vollständig online ab. Andere Anbieter verlangen jedoch noch immer die klassischen Unterlagen – also ein Anschreiben und einen Lebenslauf.
Das Anschreiben: Was motiviert dich zum Freiwilligendienst?
Zwar folgt das Anschreiben den gängigen formalen Anforderungen, inhaltlich gibt es jedoch bedeutende Unterschiede. Das hat auch mit dem Konzept des Freiwilligendienstes zu tun. Hier geht es im Grunde weniger um handfeste Qualifikationen, sondern um deine persönliche Begeisterung für das Projekt.
So gesehen erfüllt das Anschreiben eher die Funktion eines Motivationsschreibens. Daher ist es vor allem wichtig, einen Bezug zwischen dir, dem Träger und dem Projekt herzustellen. Das erreichst du zum Beispiel durch das Beantworten der folgenden Fragen:
- Wie bist du auf das Projekt und den Träger gekommen?
- Was ist der Grund für deine Bewerbung?
- Was erhoffst du dir von deiner Zeit im Freiwilligendienst?
- Woher kommt deine Motivation?
- Welchen persönlichen Bezug hast du zur bisherigen Projektarbeit des Trägers?
Beispiele verleihen deinem Anschreiben Profil und belegen dein Interesse für den Freiwilligendienst. Interessierst du dich zum Beispiel für ein FSJ in einer Bibliothek? Nutze deinen persönlichen Bezug zu Büchern als Aufhänger für das Anschreiben.
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