Das Wichtigste auf einen Blick:

Der europäische Astronautenkorps ESA bildet nur alle paar Jahre neue Astronauten und Astronautinnen aus.
Astronauten und Astronautinnen sind in erster Linie Wissenschaftler*innen: Um dich bei der ESA zu bewerben, musst du einen Masterabschluss in Physik, Chemie, Biologie, Mathematik, Ingenieurswissenschaften oder Humanmedizin haben.
Das Auswahlverfahren dauert in der Regel mehr als ein Jahr und ist in vier Bewerbungsstufen eingeteilt. Da sich tausende Bewerber*innen auf eine Handvoll Ausbildungsplätze bewerben, ist der Anspruch entsprechend hoch.
Die Ausbildung dauert mindestens dreieinhalb Jahre. Anschließend werden die Astronauten der ESA auf der ISS eingesetzt sowie in kommenden Mond- und Mars-Missionen.

„Ich möchte später Astronaut*in werden!“ Diesen Traum haben nicht nur viele Kinder, sondern auch einige Erwachsene. Doch ein Flug in den Weltraum ist nicht so einfach – und das gilt auch für die Bewerbung als Astronaut*in. Welche Voraussetzungen du erfüllen musst und wie das Bewerbungsverfahren abläuft, erfährst du hier.

Bewerbung als Astronaut*in bei der ESA

Die ESA ist das europäische Astronautenkorps. Sie bildet nur alle paar Jahre neue Astronauten und Astronautinnen aus. Das letzte Mal geschah dies 2022. Sie werden in zwei Kategorien unterteilt: Aktive Astronauten und Astronautinnen, die Teil des Astronautenkorps werden, und Reserve-Astronauten und -Astronautinnen. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich bei Letzterem um Astronauten und Astronautinnen, die das Bewerbungsverfahren bestanden haben, aber nicht permanent als Teil der ESA arbeiten. Sie werden vielmehr für bestimmte Projekte hinzugezogen und können später auch zu aktiven Astronauten und Astronautinnen aufsteigen.

So bewirbst du dich

Wenn die ESA erneut Astronauten und Astronautinnen sucht, findest du entsprechende Informationen auf einer Karriere-Webseite, über die du dich als Raumfahrer*in bewerben kannst. Hierfür musst du einen Account anlegen, um deine Bewerbungsunterlagen hochzuladen. Für deine Bewerbung benötigst du:

ein Curriculum Vitae im Europass-Format
ein Anschreiben
eine Kopie deines Reisepasses
ein Zertifikat über eine medizinische Untersuchung nach European Part-MED, Class 2 durch einen Fliegerarzt oder eine Fliegerärztin
falls eine Behinderung vorliegt, musst du ein medizinisches Zertifikat vorlegen, das beweist, dass du die medizinische Untersuchung bestehen würdest, wenn die Behinderung nicht vorläge

Zusätzlich zu diesen Unterlagen musst du noch einen Fragebogen ausfüllen. Die ESA setzt außerdem auf Diversität: Männer und Frauen haben dieselben Chancen und auch Menschen mit Behinderung können sich bewerben.

Der Bewerbungsprozess

Nachdem die Unterlagen gesichtet wurden, werden geeignete Bewerber*innen zu den nächsten Phasen des Bewerbungsprozesses eingeladen. Du wirst über deine Annahme oder Ablehnung per E-Mail informiert.

Während der ersten Testphase werden deine motorischen, kognitiven und technischen Fähigkeiten überprüft sowie verschiedene Persönlichkeitstest durchgeführt.
Phase zwei ist ein Assessment Center, in dem verschiedene psychologische Tests in Einzel- und Gruppenaufgaben durchgeführt werden.
In der dritten Auswahlrunde wird überprüft, ob deine physischen und psychischen Fähigkeiten den internationalen medizinischen Standards einer langwierigen Mission gerecht werden.

Es folgen zwei Runden aus Vorstellungsgesprächen. Zunächst musst du ein sogenanntes Panel Interview überstehen, bei dem du mehrere Gesprächspartner*innen hast. Hier werden deine technischen Fähigkeiten und dein Verhalten beurteilt. Außerdem werden in dieser Phase dein akademisches Wissen sowie dein Führungszeugnis überprüft. Das letzte Vorstellungsgespräch wird von dem Generaldirektor der ESA geführt, woraufhin die finale Entscheidung getroffen wird.

Es wird deutlich, dass es sich um einen langwierigen und aufwendigen Prozess handelt, wenn du dich als Astronaut*in bewerben möchtest. Auf die sechs ausgeschriebenen Stellen kommen tausende Bewerber*innen und das Auswahlverfahren dauert in der Regel länger als ein Jahr.

Aufgaben von Astronauten und Astronautinnen

Die ESA schickt ihre Raumfahrer*innen derzeit auf Langzeitmissionen an Bord der ISS. In Zukunft werden sie jedoch auch für Mond- und Marsmissionen eingesetzt. Die ESA unterstützt die NASA bei ihrer Rückkehr zum Mond und den Bohrungen auf dem Mars. Außerdem hilft ESA bei dem Aufbau einer Raumstation im Mondorbit.

Doch wie sieht der Arbeitsalltag in der Schwerelosigkeit aus? Weltraumspaziergänge und das Fliegen eines Raumfahrzeugs sind war Bestandteile des Berufs, doch Astronauten und Astronautinnen sind in erster Linie Forscher*innen.

Sie führen Experimente und Recherche in den Bereichen Psychologie, Biologie und Physik durch und fungieren sogar als Versuchspersonen für biowissenschaftliche Versuche. In Zukunft sollen sie auch an die Mondüberfläche reisen, um Proben zu nehmen und diese zu analysieren. Auch das Einsetzen, Überwachen und Warten von Robotern gehört zu den Aufgaben.

Ausblick eines Astronauten aus der ISS.
Ihre Freizeit verbringen viele Astronauten und Astronautinnen damit, die Aussicht der ISS zu genießen.

Astronauten und Astronautinnen bedienen außerdem die verschiedenen Systeme der Raumstation. Sie montieren, aktivieren und überprüfen neue Stationsbauteile. Eine Raumstation ist eine komplizierte Architektur, daher besteht ein Großteil ihrer Aufgaben aus Routineaufgaben wie Reinigung und Reparatur.

Natürlich sind auch Außenbordeinsätze Teil der Aufgaben als Raumfahrer*in: Sie reparieren und überprüfen die Raumstation und werden in Zukunft auch auf dem Mond landen, um Proben zu nehmen.

Da die Raumstation auch das Zuhause der Astronauten und Astronautinnen ist, gehört der Haushalt ebenfalls zu ihren Aufgaben. Der Raumtransporter versorgt die Raumfahrer*innen mit Nachschub und muss entladen und mit Abfällen beladen werden. Um die körperliche Fitness am Board der Raumstation zu gewährleisten, gehört Sport ebenfalls zum Alltag: mindestens zwei Stunden täglich.

Ein weiterer Bestandteil des Berufsbilds des Astronauten und der Astronautin ist die Öffentlichkeitsarbeit. Sie sind die Repräsentanz der ESA und informieren den Rest der Welt über die Entdeckungen und Entwicklungen der Raumfahrt.

Berufsalltag

Der genaue Tagesablauf als Astronaut*in wird von der Missionskontrolle geplant. In der Regel arbeiten Astronauten und Astronautinnen 12 Stunden.

Ihr Tag beginnt mit einem Weckruf und leider nicht mit einer heißen Dusche – zum Waschen benutzen Astronauten und Astronautinnen feuchte Tücher. Es gibt drei feste Mahlzeiten pro Tag. Nach dem Frühstück stehen Routinearbeiten an sowie die Vorbereitung und Durchführung von Experimenten. Auch der ständige Austausch mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, Ärzten und Ärztinnen sowie anderen Experten und Expertinnen auf der Erde gehört zum Alltag dazu.

Die Arbeitskleidung von Astronauten und Astronautinnen besteht hauptsächlich aus normaler Kleidung wie T-Shirts. Da es im Weltall keine Waschmaschine gibt, wird die Kleidung im Durchschnitt nur alle zehn Tage gewechselt.

Astronauten und Astronautinnen haben genauso wie andere Angestellte Ruhetage und ein Wochenende. Sie können diese Zeit nutzen, um sich zu erholen.

Voraussetzungen für eine Bewerbung als Astronaut*in

Um dich für eine Ausbildung als Astronaut*in zu bewerben, musst du einige Voraussetzungen erfüllen. Das betrifft nicht nur deine akademische Ausbildung, sondern auch deine Fähigkeiten, Soft Skills und körperliche Gesundheit. Die erste Voraussetzung für deine Bewerbung ist, dass du die Staatsbürgerschaft eines ESA-Mitgliedsstaats hast.

Da der Beruf Astronaut*in sehr anspruchsvoll ist und auf wenige offene Stellen tausende Bewerber*innen kommen, ist das Auswahlverfahren entsprechend streng: Der deutsche Geophysiker Alexander Gerst musste sich 2008 gegen 8.413 andere Bewerber*innen durchsetzen.

Akademische Voraussetzungen

Um dich als Astronaut*in bewerben zu können, musst du mindestens einen Masterabschluss in einem naturwissenschaftlichen Studienfach haben. Dazu gehören Physik, Chemie, Biologie, Mathematik aber auch Ingenieurswissenschaften oder Humanmedizin. Außerdem musst du mindestens drei Jahre Berufserfahrung aufweisen – darunter fällt auch die Forschung für einen Doktortitel.

Auch ein Abschluss als Test-Pilot*in oder Test-Ingenieur*in von einer anerkannten nationalen Test-Piloten-Schule wird anerkannt. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik ist hingegen kein Muss, aber ein großer Vorteil.

Fähigkeiten

Als Astronaut*in musst du nicht nur ein*e herausragende*r Wissenschaftler*in sein – du musst ebenso mit den Gegebenheiten im Weltall zurechtkommen.

Dafür ist zum einen Teamwork gefragt: Das Team einer internationalen Raumstation besteht aus Menschen unterschiedlichster Kulturen und Herkünften. Sehr gute soziale Kompetenzen helfen dir dabei, gemeinsam mit deinen Kollegen und Kolleginnen zu arbeiten und dich präzise auszudrücken. Ein harmonisches Miteinander ist wichtig.
Als Astronaut*in benötigst du außerdem hervorragende motorische Fähigkeiten, ein gutes räumliches Orientierungsvermögen, ein gutes Gedächtnis sowie eine logische und analytische Denkweise. Du musst komplexe Themen verstehen und Informationen schnell verarbeiten.
Die Fähigkeit, Entscheidungen schnell und zuverlässig zu treffen, ist ebenfalls unerlässlich. Als Astronaut*in ist es außerdem wichtig, Situationen schnell einzuschätzen und einen kühlen Kopf zu bewahren. Du musst Risiken und Gefahren abwägen können und schnell und zuverlässig reagieren.
Der Beruf Astronaut*in ist kein Nine-to-five-Job: lange Arbeitstage und irreguläre Arbeitszeiten sind an der Tagesordnung. Dies erfordert nicht nur Ausdauer und Flexibilität, sondern auch ein hohes Maß an Motivation. Du wirst auf längere Zeit von deiner Familie und deinen Freunden und Freundinnen getrennt sein, um in anderen Ländern und im Weltraum zu arbeiten.
Da die Astronauten und Astronautinnen der ESA die Repräsentanten des europäischen Raumfahrtprogramms sind, bist du auch eine Person der Öffentlichkeit. Ein freundliches und selbstbewusstes Auftreten vor Publikum ist für dich als Astronaut*in also ebenfalls wichtig.

Sprachliche Voraussetzungen

Wenn du Astronaut*in werden möchtest, musst du fließende Englischkenntnisse besitzen: mindestens auf dem Level CEFR C1. Weitere Fremdsprachen wie Russisch oder Chinesisch sind zwar von Vorteil, gelten aber nicht als Voraussetzung, da diese Sprachen während der Ausbildung vermittelt werden.

Übrigens: Astronauten und Astronautinnen werden in Russland Kosmonauten und Kosmonautinnen genannt.

Gesundheitliche Voraussetzungen

Da eine Reise ins Weltall eine große Belastung für Körper und Geist ist, werden Bewerber*innen auf Herz und Nieren geprüft.

Dabei werden folgende Dinge überprüft:

Du musst eine Gesundheitsprüfung nach JAR-FCL 3, Klasse 2 durch einen Fliegerarzt oder eine Fliegerärztin bestehen.
Du musst schwimmen können.
Du darfst keinerlei Krankheiten aufweisen.
Du darfst nicht von Drogen, Alkohol oder Tabak abhängig sein.
Du musst auf beiden Augen eine Sehstärke von 100 Prozent nachweisen. Eine leichte Korrektur durch eine Sehhilfe ist erlaubt.
Deine Gelenke müssen uneingeschränkt beweglich und funktionsfähig sein.
Du darfst keinerlei psychische Störungen aufweisen.
Du solltest am besten zwischen 27 und 37 Jahre alt sein.

Du musst also kein*e Extremsportler*in sein, um Astronaut*in zu werden. Eine gesunde und deinem Alter entsprechende körperliche Kondition ist ausreichend.

Ausbildung zum Astronauten / zur Astronautin

Das Ausbildungszentrum für Astronauten und Astronautinnen der ESA befindet sich in Köln. Die Ausbildung ist in drei Stufen eingeteilt:

  • eine einjährige Grundausbildung
  • eine einjährige Aufbauausbildung
  • eine ca. 18-monatige missionsspezifische Ausbildungsphase

Die gesamte Astronauten-Ausbildung dauert also mindestens dreieinhalb Jahre.

Inhalte

Während der Grundausbildung lernst du grundlegende Informationen über die ESA, andere Raumfahrtbehörden wie die NASA sowie alles über die wichtigsten Weltraumprojekte. Es folgen Grundkenntnisse in verschiedenen Bereichen:

  • Raumfahrttechnik
  • Elektrotechnik
  • verschiedene wissenschaftliche Fachrichtungen
  • Behandlung der zentralen Systeme der ISS sowie der Transportsysteme und Shuttles
  • Tauchtraining
  • Russischunterricht
  • Robotertechnik
  • Rendezvous- und Andockmanöver
  • Verhaltens- und Leistungstraining

In dem Aufbauausbildungsjahr lernst du alle Kenntnisse und Fähigkeiten, die du für den Betrieb und die Wartung der ISS inklusive ihrer Systeme, Module, Nutzlasten und Transportraumschiffe brauchst. Hier lernst du auch

den richtigen Umgang mit Ressourcen und Daten
Innen- und Außeneinsätze
Navigation
Robotertechnik
medizinisches Wissen

In der letzten Phase der Ausbildung zum Astronauten oder zur Astronautin werden Inhalte vermittelt, die für die spezifische Mission wichtig sind. Sie wird auch als Increment-spezifische-Ausbildung bezeichnet. Increment beschreibt dabei den Zeitraum zwischen dem Crew-Wechsel auf der ISS.

Hier werden der neuen Crew genaue Informationen, Kenntnisse und Fertigkeit vermittelt, die sie für die anstehende Mission benötigen. Diese Phase dient nicht nur der Ausbildung, sondern auch der Festigung des Teamgeists der neuen Besatzung.

Gehalt

Die ESA bezahlt ihre Arbeitnehmer*innen nach einem Stufenprinzip, das dem des TVöD ähnelt. Während der Ausbildung zum Astronauten oder zur Astronautin steigst du in der untersten Stufe ein: Du bekommst um die 5.000 Euro netto pro Monat. Denn ein großer Vorteil der ESA ist, dass ihre Arbeitnehmer*innen keine Steuern zahlen müssen.

Die Gehaltsstufen sind wie folgt unterteilt: A, L und B.

Die Stufe A ist für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, Ingenieure und Ingenieurinnen sowie höhere Verwaltungsaufgaben.
Die Stufe L ist für Übersetzer*innen.
Die Stufe B ist für das Sekretariat, die technische Unterstützung und niedrigere Verwaltungsaufgaben.

Astronauten und Astronautinnen starten mit der Klasse A2 und steigen nach ihrem ersten Raumflug in die Klasse A4 auf. Führungspositionen wie die Position des Kommandanten oder der Kommandantin eines Raumschiffes können auf die Stufen A5 oder A6 aufsteigen.

Damit sind Astronauten und Astronautinnen in derselben Gehaltsstufe wie andere Wissenschaftler*innen sowie Ingenieure und Ingenieurinnen, die nicht ins Weltall fliegen. In der Regel verdienen Astronauten und Astronautinnen also zwischen 55.000 Euro und 110.000 Euro jährlich.

Ähnliche Berufe

Die Reise ins Weltall ist für viele Menschen ein Lebenstraum, doch nur wenige schaffen es, den Beruf Astronauten*in tatsächlich zu erlernen. Allerdings sind Astronauten und Astronautinnen in erster Linie Wissenschaftler*innen, Ingenieure und Ingenieurinnen sowie Ärzte und Ärztinnen – die auch für das Bodenpersonal der ESA gebraucht werden. Solltest du den Anforderungen für eine Ausbildung zum Astronauten oder zur Astronautin also nicht gerecht werden, kannst du dennoch bei der ESA arbeiten.

Falls es jedoch dein Traum ist, hoch hinaus zu kommen, ist eine Bewerbung als Pilot*in vielleicht eine passende Alternative für dich.  

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