Das Wichtigste auf einen Blick:

Die Abmahnung dient dazu, unerwünschtes und unangebrachtes Verhalten am Arbeitsplatz zu vermeiden. Es dient als eine Art Vorwarnung, bevor die Kündigung ausgesprochen wird.
Eine Abmahnung darf nur dann ausgesprochen werden, wenn der Arbeitnehmer mit seinem Verhalten gegen den Arbeitsvertrag oder die Treuepflicht verstößt.
Eine Abmahnung erfolgt in der Regel nur bei Umständen, die ein Arbeitnehmer selbst beeinflussen kann.
Der Kündigung muss nur eine einzige Abmahnung vorausgehen.

Die Abmahnung ist ganz sicher ein unangenehmes Thema. Das ist umso mehr ein Grund, sich genauer damit zu befassen. So kannst du kritische Situationen vermeiden oder weißt im Ernstfall, was auf dich zukommt. Ob und in welchen Fällen abgemahnt wird, erfährst du hier.

Grundlegendes zur Abmahnung

Die Abmahnung ist in erster Linie ein Mittel, um unerwünschtes Verhalten am Arbeitsplatz zu unterbinden, ohne gleich eine Kündigung auszusprechen. Grund für das Abmahnen ist in den meisten Fällen eine Verletzung des Arbeitsvertrags. Missachtet der Arbeitnehmer seine Pflichten oder verstößt gegen den Vertrag, erhält er eine Abmahnung.

Kommt es erneut zu einem ähnlichen Verstoß, darf der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen. Dafür muss er allerdings nachweislich abgemahnt haben, andernfalls ist eine eventuelle Kündigung nicht rechtskräftig.

Verstoß gegen die Treuepflicht

Mit einer Abmahnung reagiert der Arbeitgeber außerdem auf Verstöße gegen die sogenannte Treuepflicht. Dazu zählen Handlungen, die einem Unternehmen nachhaltig schaden können, zum Beispiel Rufschädigung oder heimliches Arbeiten für die Konkurrenz.

Schwerwiegende Fehler können ebenfalls als Verstoß gegen die Treupflicht gewertet werden. Je folgenreicher die Konsequenzen des Fehlgriffs für das Unternehmen ausfallen, desto wahrscheinlicher die Abmahnung.

Der Zweck der Abmahnung

Einerseits dient die Abmahnung als Hinweis auf die Art des Verstoßes. Die Abmahnung hält unmissverständlich fest, welches Verhalten inakzeptabel ist – und wer seinen Fehler kennt, kann sein Verhalten zukünftig ändern. Sie verringert somit das Risiko eines neuen Verstoßes und sogar einer Kündigung.

Ein rotes Warndreieck weist auf einen Unfall hin
Die Abmahnung fungiert auch als Warnung an den Arbeitnehmer.

Andererseits erfüllt die Abmahnung die Funktion einer Warnung. Da sie nur in ernsten Fällen ausgesprochen wird, stellt sie zweifelsfrei klar, dass etwas im Argen ist. Sie muss zudem unmissverständlich auf eine Kündigung im Falle eines erneuten Vergehens hinweisen.

Eine Abmahnung darf auch mündlich erteilt werden. In schriftlicher Form kann sie allerdings dokumentieren, was genau vorgefallen ist. So sichert sich der Arbeitgeber im Falle einer Kündigung ab. Auch der Arbeitnehmer kann einen Nutzen aus dem Nachweis ziehen, denn sein Vorgesetzter kann den Vorwurf später nicht willkürlich ändern.

Arbeitswelt ohne Abmahnungen: Ein Gedankenspiel

Ohne die Option des Abmahnens bleibt für den Arbeitgeber nur die Kündigung oder eine mündliche Verwarnung übrig. Das hätte wahrscheinlich katastrophale Auswirkungen auf das Arbeitsklima. Wie wichtig Abmahnungen im Arbeitsalltag eigentlich sind, zeigen die folgenden Beispiele:

Beispiel 1: Ein Angestellter kommt häufig zu spät. Trotz zahlreicher mündlicher Verwarnungen ändert er sein Verhalten nicht. Sein Vorgesetzter sieht keinen anderen Weg als die Kündigung. Die restliche Belegschaft hat die Verspätungen nicht bemerkt, da viele nicht direkt mit dem Angestellten zusammenarbeiten. Eine offizielle Abmahnung aber bleibt selten völlig unbemerkt. Die Kündigung hingegen wird als ungerecht und hart empfunden. Jeder geht davon aus, jederzeit seinen Job zu verlieren.

Beispiel 2: Ein Angestellter drückt sich vor der Arbeit. Sein Vorgesetzter verwarnt ihn zwar, entschließt sich aber aus gutem Willen gegen eine Kündigung. Es folgen weitere Verwarnungen. Der Angestellte bemerkt schnell, dass sein Verhalten ohne Konsequenzen bleibt. Seine Kollegen beginnen schließlich aus Frust, sich ebenso zu verhalten.

Hier darf noch nicht abgemahnt werden

Nicht jeder Verstoß führt gleich zur Abmahnung. Gibt es Umstände, die der Arbeitnehmer nicht selbst beeinflussen konnte, muss von einer Abmahnung abgesehen werden. Sie gelten dann als gerechtfertigte Entschuldigungen.

Als Arbeitnehmer bist du vertraglich dazu verpflichtet, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen. Alle dafür notwendigen Vorbereitungen hast du selbst zu treffen. Es hat gefroren und du verspätest dich, weil du dein Auto freikratzen musstest? Damit hättest du, zumindest im Winter, rechnen müssen. Die Verspätung zieht also eine Abmahnung nach sich.

Anders verhält es sich, wenn du während der Fahrt von einem Sturm überrascht wirst. Diese Situation war weder abzusehen, noch konntest du Einfluss auf sie ausüben. Sie gilt daher als gerechtfertigte Entschuldigung.

Hier muss noch nicht abgemahnt werden: Die Ermahnung

Bei kleineren Fehlgriffen kann der Arbeitgeber auch eine Ermahnung aussprechen. Ob er im Einzelfall ermahnt oder abmahnt, ist allerdings Ermessenssache. In jedem Fall muss der Arbeitgeber das Wohl seiner Angestellten berücksichtigen. Dazu verpflichtet den Vorgesetzten die sogenannte „Fürsorgepflicht“. Es kann daher manchmal angemessen sein, eine Abmahnung auszusetzen.

Zwei Personen in Anzügen besprechen eine Abmahnung
Ein persönliches Gespräch ist einer Abmahnung oftmals vorzuziehen.

Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich ein ansonsten vorbildlicher Angestellter einen Fehler leistet. Dann reicht im Sinne des Friedens ein einfacher Hinweis aus. Wirkt der gleiche Angestellte untypisch niedergeschlagen, kann sich auch ein persönliches Gespräch anbieten. Eine Abmahnung ist hier – auch im Sinne der Fürsorgepflicht – wenig hilfreich.

Hier darf abgemahnt werden: Eine Übersicht

  • Verstoß gegen den Arbeitsvertrag
  • Verletzung der Treuepflicht
  • Beschädigtes Vertrauensverhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Darunter fallen unter anderem:

  • Minderleistungen
  • Schwerwiegende Fehler
  • Missachten von direkten Anordnungen
  • Unpünktlichkeit
  • Handlungen oder Versäumnisse, die dem Unternehmen schaden
  • Unentschuldigte Krankheit
  • Beleidigung
  • Krankfeiern
  • Sexuelle Belästigung
  • Diebstahl
Zweite Chance, dritte Chance

Wie oft muss vor einer Kündigung abgemahnt werden?

Es kann durchaus vorkommen, dass Arbeitgeber mehr als einmal abmahnen. Rein rechtlich besteht dazu jedoch keine Verpflichtung. Im Regelfall muss der Kündigung lediglich eine einzige Abmahnung vorausgehen. Lediglich während der Probezeit gibt es andere Regeln.

Kündigung ohne Abmahnung: Geht das?

Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist prinzipiell möglich. Sie kann aber ausschließlich bei besonders schweren Pflichtverstößen erfolgen. Darunter zählt unter anderem Spesenbetrug, der Missbrauch von Vollmachten und Befugnissen sowie Unterschlagung. Auch Diebstahl oder besonders dreistes Krankfeiern gelten als grenzwertig.

Ist eine Besserung des Angestellten ausgeschlossen oder das Vertrauensverhältnis dauerhaft beschädigt, kann der Arbeitgeber dem Angestellten sogar fristlos kündigen.

Fristlos ist die Kündigung dann aus dem gleichen Grund, aus dem auch die Abmahnung ausgesetzt wird: Das Arbeitsverhältnis ist nicht mehr zumutbar. Daher muss es nicht um eine zusätzliche Frist verlängert werden.

In der Regel gilt die verhaltensbedingte Kündigung als letztes Mittel. Die Erfolgschancen von Kündigungen ohne vorherige Abmahnung sind daher sehr gering. Arbeitgeber müssen prinzipiell einen letzten Versuch unternehmen, um das Arbeitsverhältnis wiederherzustellen. Dazu dient üblicherweise die Abmahnung. Sie kann also nur in Ausnahmefällen wegfallen.

Mit der Hinweisfunktion der Abmahnung geht die Möglichkeit der Besserung des Angestellten einher. Bei Unterschlagung ist dieser Hinweis allerdings überflüssig. Dann wurde nämlich bewusst und vor allem böswillig gehandelt.

Hier könnte je nach Betrieb abgemahnt werden: Sonderregelungen

Ob und wie schnell gewisse Verhaltensweisen abgemahnt werden, kann sich von Arbeitgeber zu Arbeitgeber unterscheiden. Das hängt auch von den jeweiligen Erfordernissen eines Berufs ab.

Was auf der Baustelle toleriert wird, kommt im Büro mitunter weniger gut an – und umgekehrt. Daher gilt es, die Gepflogenheiten eines Arbeitsumfeldes zu berücksichtigen. Dann bist du auf der sicheren Seite.

Unangemessene Kleidung

Das gilt auch für Kleidervorschriften am Arbeitsplatz. Während in einigen Betrieben legeres Auftreten gestattet ist, schreiben manche Berufe sogar besondere Dienstkleidung vor. Ob Anzug, Sicherheitsschuhe oder Uniform: Wie du dich kleiden solltest und was als Abmahngrund gilt, legt der Arbeitsvertrag fest.

Was tragen deine potenziellen Kollegen? Achte bereits beim Vorstellungsgespräch auf das Arbeitsumfeld. So fällt es dir später leichter, das richtige Outfit auszuwählen.

Rauchen am Arbeitsplatz

Obwohl es im Prinzip kein generelles Rauchverbot am Arbeitsplatz gibt, verbieten die meisten Unternehmen das Rauchen. Das Verbot legt der Arbeitgeber eindeutig im Arbeitsvertrag fest. Verstößt ein Angestellter dann gegen die Auflage, stellt das einen handfesten Grund zur Abmahnung dar. 

Privates Surfen

Eine einheitliche Reglung für das Phänomen der privaten Internetnutzung gibt es im Grunde nicht. Nimmt das Surfen allerdings überhand, kann der Arbeitgeber ein Verbot aussprechen.

Je deutlicher der Arbeitsvertrag die Nutzung festlegt, desto wahrscheinlicher erfolgt die Abmahnung im Falle des Verstoßes. Auch hier lohnt sich ein genauer Blick in das Dokument.

Grauzone Steckdose: Bagatelle oder Diebstahl?

Auch das Aufladen des Smartphones im Büro kann – abhängig vom Arbeitgeber – eine Abmahnung nach sich ziehen. Immerhin bezahlt der Betrieb den Strom aus der Steckdose. Ein Vorfall kann mitunter sogar als Diebstahl von Firmeneigentum gewertet werden.

So eng sieht das allerdings nicht jeder. Erkundige dich trotzdem, bevor du dein Handy bei der Arbeit auflädst. So ersparst du dir unnötigen Ärger.

Abmahnung: Tipps für den Arbeitnehmer

Abgesehen vom Blick in den Arbeitsvertrag gibt es Einiges, was du im Falle einer Abmahnung berücksichtigen kannst. Bereits kleine Details können über die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung entscheiden – und damit auch über den Erfolg einer Kündigung.

Gibt es Fristen für die Abmahnung?

Die Annahme, es gäbe eine Frist für das Abmahnen, ist schlichtweg falsch. Wie lange ein Vorfall zurückliegt, macht dabei keinen Unterschied. Dein Arbeitgeber darf also auch rückwirkend abmahnen – theoretisch über Jahre hinweg.

Ausnahme 1: Schlüssiges Verhalten
Eine Ausnahme stellt das sogenannte „schlüssige Verhalten“ dar. Sobald sich ein Fehlverhalten als Regel durchsetzt, stellt es rein rechtlich betrachtet keinen legitimen Vertragsbruch mehr dar. Es ist dann im juristischen Sinne „schlüssig“. Toleriert der Arbeitgeber also ein Verhalten nahezu ausnahmslos, kann er es nicht plötzlich abmahnen.

Ausnahme 2: Bereits erteilte Abmahnungen
Anders verhält es sich bei Abmahnungen, die bereits sehr lange zurückliegen. Erfolgt dann ein neuer Verstoß, ist eine Kündigung aufgrund der ersten Abmahnung unverhältnismäßig. Somit fehlt der Kündigung die rechtliche Grundlage und es muss stattdessen erneut abgemahnt werden.

Ein Beispiel: Ein Angestellter leistet sich einen Schnitzer und wird abgemahnt. Fünf Jahre später begeht er den gleichen Fehler erneut. In der Zwischenzeit hat er sich allerdings nichts zuschulden kommen lassen. Eine Kündigung erfolgt nicht, stattdessen eine neue Abmahnung.

Einen festen Zeitrahmen hat der Gesetzgeber hierfür nicht festgelegt. Anhand ähnlicher Fälle wird jedoch von einem ungefähren Zeitraum von zwischen zwei und drei Jahren ausgegangen.

Formelle Regeln

Eine fehlerhafte Abmahnung kann ihren Anspruch vor dem Arbeitsgericht verlieren. Stützt sich eine Kündigung auf eine solche Abmahnung, verliert sie ebenfalls ihre Gültigkeit. Dann bleibt dem Arbeitgeber nichts anderes übrig, als erneut abzumahnen.

Umso wichtiger ist das Erkennen möglicher Fehlerquellen. Im Zweifelsfall können sie den Unterschied zwischen einer Abmahnung und einer Kündigung bedeuten. Hier findest du einen Überblick über die Mängel einer schriftlichen Abmahnung:

  • Sie enthält keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine potenzielle Kündigung.
  • Sie beschreibt den Verstoß nur pauschal oder oberflächlich. Stattdessen verwendet der Arbeitnehmer allgemeine Formeln wie „Sie kommen immer zu spät“. Die schriftliche Abmahnung muss eine konkrete Schilderung des jeweiligen Vorfalls enthalten. Wasserdicht sind Formulierungen, die den Verstoß dem Idealverhalten gegenüberstellen: „Sie haben X ausgeführt, stattdessen wären Sie zu Y verpflichtet gewesen.“
  • Die Abmahnung enthält Beleidigungen.
  • Sie beschreibt eine Lappalie oder ist unverhältnismäßig.
  • Ihr Gegenstand ist kein klarer Verstoß gegen den Arbeitsvertrag.
  • Die Abmahnung enthält zu viele einzelne Vorwürfe. Fasst der Arbeitgeber eine Vielzahl von Verstößen zusammen, muss jeder Vorwurf einer Überprüfung standhalten. Ist das bei nur einem nicht der Fall, ist die gesamte Abmahnung unrechtmäßig.
  • Sie ist nicht schriftlich erfolgt. Das muss sie aber, um als Nachweis dienen zu können.
  • Es sind zu viele Abmahnungen in einer Angelegenheit erfolgt. Die Abmahnung hat somit ihre Warnfunktion verloren.

Ist die schriftliche Abmahnung offensichtlich mangelhaft, besteht die Möglichkeit, diesen Fehler unkommentiert zu lassen. So fällt sie als Grundlage einer späteren Kündigung gegebenenfalls weg. In diesem Fall ist es aber ratsam, den Fehler durch einen spezialisierten Anwalt zu überprüfen. Sicher ist sicher.

Was muss ich unterschreiben?

Da die Abmahnung als Nachweis dienen muss, können sich Arbeitgeber ihren Empfang bestätigen lassen. Das ist soweit in Ordnung.

Die Abmahnung als solche solltest du aber in keinem Fall unterzeichnen. Das könnte als Zustimmung des Vorwurfs gewertet werden.

Einspruch einlegen

Tatsächlich räumt der Gesetzgeber dem Arbeitnehmer einige Möglichkeiten ein, um sich gegen eine Abmahnung zu wehren. Nimmt dein Vorgesetzter die Abmahnung in die Personalakte auf, hast du das Recht auf Einspruch.

Du darfst außerdem Einsicht in das Dokument fordern und sogar eine Gegendarstellung zur Akte hinzufügen. Weigert sich dein Vorgesetzter, kannst du dich an den Personalrat wenden – oder sogar Klage beim Arbeitsgericht einreichen.

Bildnachweis: fizkes / Shutterstock.com; Piyawat Nandeenopparit / Shutterstock.com